Freitag, 3. März 2023
10:30 bis 17:00 Uhr
Landeskirchenamt
99084 Erfurt
Michaelisstraße 39
Großer Saal
Mit Sorge erleben wir ein rauer werdendes Klima in unserer Gesellschaft. Menschenfeindliche Positionen sind salonfähig und finden ihren Ausdruck unter anderem in rassistischer Hetze und antisemitischen Verschwörungserzählungen. Extrem rechte Gruppierungen profitieren davon und befördern die Entwicklung darum aktiv.
Als Christinnen und Christen bekennen wir einen Gott, der allen Menschen Würde verliehen hat, einen Gott, den seine Menschenfreundlichkeit auszeichnet. Darum müssen wir einerseits mit Klarheit rechtsextreme, menschenfeindliche Einstellungen wahr- und ernstnehmen, um ihnen begegnen zu können, gleichzeitig aber auch Menschen gewinnen, um für die Würde aller einzutreten. Andererseits braucht es einen klaren Blick auf uns selbst, um zu prüfen, welche religiösen Bezüge zum Rechtsextremismus es gibt, die auch für uns eine Gefährdung darstellen. Die im Frühjahr 2022 erschienene EKD-Studie zur politischen Kultur in der Kirche „Zwischen Nächstenliebe und Abgrenzung“ zeigt, wie selbstverständlich rechte Einstellungen mit religiösen Vorstellungen einhergehen können.
Renommierte und bundesweit bekannte Expert*innen konnten gewonnen werden, um in die jeweiligen Schwerpunkte einzuführen und mit uns ins Gespräch zu kommen.
Zu dem Fachtag sind alle herzlich eingeladen, die sich informieren wollen und nach Austausch und Handlungsoptionen für ihre Gemeinden, ihre Einrichtungen aber auch sich selbst suchen.
Bitte melden Sie sich bis zum 23.02.2023 verbindlich zum Fachtag an und geben Sie an, an welchem Workshop Sie teilnehmen möchten.
KRin Katharina Passolt, Leitung der AG Kirche und Rechtsextremismus in der EKM
„Wann ist man Extremist*in – und was hat Religion damit zu tun?“
Folgt man aktuellen öffentlichen Debatten, so tauchen immer wieder Bezeichnungen wie rechtsextrem, linksextrem, islamistisch, radikal, rassistisch auf. Oft werden sie von den so Bezeichneten zurückgewiesen. Was bezeichnen diese Begriffe nun aber, gibt es solche Personen, gibt es Grauzonen und besteht die Gefahr von Instrumentalisierungen solcher Bezeichnungen? Diese Themen werden im Beitrag angesprochen, mit empirischem Material unterlegt und zur Diskussion gestellt.
Referat und Diskussion
Prof. Dr. Gert Pickel (Soziologe und Politikwissenschaftler, Universität Leipzig)
Informationsstände von Beratungsstellen, Projekten und Verbänden mit zahlreichen Materialien zum Mitnehmen
Untersuchungen belegen: Verschiedenen Formen von Religiosität können als Ursache bzw. Einfallsstore für rechtsextreme Einstellungsmuster dienen.
In den Workshops führen Expert*innen in die jeweiligen Ideologien und rechten Strömungen ein, sensibilisieren für deren Argumentationsmuster und geben Anregungen für Strategien und Möglichkeiten des Handelns. Die Workshopteilnehmenden sind eingeladen, im Austausch ihre Erfahrungen einzubringen. Die Themenfelder widmen sich den rechten Ideologien, welche besonders anschlussfähig für Christ*innen scheinen.
Workshopleiter: Florian Teller (FARN – Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz, Berlin)
Der Workshop stellt historische und aktuelle Verknüpfungen von extrem rechten Ideologien mit Natur- und Umweltschutz vor. Am Beispiel der „Neuen Rechten“ wird für Argumentationsmuster sensibilisiert, welche Anknüpfungspunkte für Menschen bieten, denen die Bewahrung der Schöpfung am Herzen liegt.
Workshopleiterin: Katharina Warda (Autorin, Soziologin und Literaturwissenschaftlerin)
Rassismus eskalierte in den Nachwendejahren in Ostdeutschland. Das rassistische Pogrom in Rostock-Lichtenhagen vor 30 Jahren wurde zum Symbol für ein „Dunkeldeutschland“, indem rassistische Mobilisierungen und Gewalt bis heute zur Tagesordnung gehören. Die aus Wernigerode stammende Schwarze Autorin und Wissenschaftlerin Katharina Warda wird im Workshop auf die vielfältigen Betroffenenperspektiven eingehen, die weitestgehend unsichtbar geblieben sind. Zusammen soll nach Lösungswegen gesucht werden, wie Kirchen in Ostdeutschland Verantwortung im Kampf gegen die rassistischen Zustände übernehmen können.
Workshopleiterin: Ruth Hess (Studienzentrum der EKD für Genderfragen)
„Weltkrieg gegen die Ehe“, „Frühsexualisierung unserer Kinder“, „Zersetzung der Kultur“ oder schlicht „Gaga“: Die Polemiken gegen „Gender“ sind in den letzten Jahren immer schriller geworden und stoßen nicht zuletzt auch in kirchlichen Milieus auf Gehör. Gegen wen oder was richten sie sich? Inwiefern dienen sie als Brückenkopf für rechte Ideologien? Wieviel Theologie steckt in ihnen? Und: Darf man in Geschlechterdingen nicht mehr konservativ denken?
Workshopleiter: Henning Flad (Projektleiter der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus – BAG K+R)
Für die christliche Theologie ist die kritische Auseinandersetzung mit Antisemitismus von zentraler Bedeutung für die Aufarbeitung eigener Gewalttraditionen. Christlicher Antijudaismus und Antisemitismus sind noch heute präsent und prägen gesellschaftliche und kirchliche Auseinandersetzungen. Welches sind die zentralen Elemente des Antijudaismus? Wie haben die Kirchen ihre Theologie nach 1945 verändert? Welche antijüdischen Stereotype sind auch heute noch in der Alltagskultur präsent, und welche Folgen haben diese? Der Workshop soll eine Einführung geben in Geschichte und Gegenwart von christlichem Antijudaismus und Antisemitismus. Im zweiten Teil können die Teilnehmenden über Erfahrungen und Handlungsmöglichkeiten ins Gespräch kommen.
Workshopleiterin: Katharina Nocun (Autorin und Politikwissenschaftlerin)
Die Aktualität von Verschwörungserzählungen hat sich in der Corona-Pandemie auch im kirchlichen Umfeld gezeigt. Corona als Vorbote einer biblischen Plage? Oder als eine Art Strafe Gottes? Die Autorin und Politikwissenschaftlerin Katharina Nocun gibt im Workshop einen Überblick zu nicht nur religiös grundierten Verschwörungsnarrativen, deren Verbreitung und was dagegen hilft.
Sollte es in dem von Ihnen favorisierten Workshop keinen freien Platz mehr geben, hoffen wir, dass ein noch freier Workshop auf Ihr Interesse stößt.
Vorstellung der EKD-Studie „Zwischen Nächstenliebe und Abgrenzung”
Prof. Dr. Gert Pickel, Mitautor der Studie - hier geht es direkt zur Studie
Podiumsdiskussion mit Landesbischof Friedrich Kramer, Professor Pickel und den Workshopleitungen zu möglichen bzw. nötigen nächsten Schritten für jede und jeden Einzelnen, für die Verantwortlichen in Gemeinden und Bildungsbereichen und für unsere Landeskirche. Über Anwälte des Publikums können Sie sich an der Debatte beteiligen.
Moderation: Ulrike Greim, Rundfunkbeauftragte der EKM
Landesbischof Friedrich Kramer
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